Allergien, Amazonas-Indianer und ein ungewöhnliches Rezept

Stell dir vor, Dein Hausarzt verschreibt Dir gegen Deinen Heuschnupfen folgendes ungewöhnliches Rezept:
1/2 Liter Brennnesseltee mit etwas Holunderbeerensirup und 2 Teelöffel hochwertigen, regionalen Honig über den Tag verteilt trinken,
+ 2 mal pro Tag einen Salat aus (Wild-)Kräutern
+ 3 verschiedene Gemüsesorten (egal welche, Hauptsache frisch und aus biologischem Anbau) + 1 Zwiebel + 1 Knoblauchzeh sollen in Deinen Mahlzeiten pro Tag in irgendeiner Weise enthalten sein
+ für den kleinen Hunger zwischendurch sind Naschereien erlaubt, aber 1 Handvoll Nüsse und mindestens 2 Früchte müssen ebenfalls enthalten sein.
+ 1 Teelöffel polyphenolreiches Olivenöl vor dem Frühstück und vor dem Zubettgehen

P.S. Sollte Deine Nase zuschwellen, so träufel Dir besonders in der Anfangszeit etwas Olivenöl in jedes Nasenloch.
P.P.S. Versteck Dich nicht vor schlechtem Wetter und versuche Dich in der Freizeit so oft wie möglich draußen zu beschäftigen.

P.P.P.S. Hör auf, überall gefährliche Keime zu sehen.
Foto-Quelle Flickr: Ano Lobb


Du (völlig irritiert, fast panisch): “Wie? Keine Heuschnupfenmittel? Tabletten, Nasensprays oder Augentropfen? Antihistaminika, Cartison-Spray?” Du merkst regelrecht wie die Pollen Dich schon umzingeln und Dir das Atmen erschweren.

Und nicht nur das!

Stell Dir vor, Dein Hausarzt reist sich zu folgender POSITIVER Prognose hin:
  • Im 1. Jahr könnten sich Deine Allergiesymptome um gefüllte 33 % verbessern: der grippeähnliche Knock-Out (also Fieber + Gliederschmerzen+ Bronchitis/Astmathischer Zustand/Synisithis) wird Dir diesmal erspart bleiben.
  • Im 2. Jahr könnten Deine Allergiesymptome um gefüllte 50% zurückgehen: Du würdest noch deutlich spüren wie Dein Körper gegen Pollen ankämpft: es würde immer noch zu Niesanfällen und zum Zuschwellen der Schleimhäute kommen, aber die Entzündungen werden ausbleiben. Deine Allergiezeit würde sich deutlich verkürzen.
  • Im 3 Jahr würdest Du noch das Kitzeln in der Nase spüren, aber Du würdest endlich die schönste Zeit des Jahres in vollen Zügen geniessen…

Klingt verrückt?

Klingt anstrengend?

Klingt unmöglich?

Kannst Du Dir vorstellen, Deine Pollenallergie oder Tierhaarallergie nur über eine veränderte Ernährung in den Griff zu bekommen und das obwohl Antihistaminika auch nur mäßigen Erfolg bringen?

Der Wandel in unserer Ernährung und die Allergien

Was sagt die Wissenschaft zur Ernährung und dem Trend zu Allergien?

Diverse Studien rund um den Globus belegen einen klaren Zusammenhang zwischen nährstoffarmer Ernährung, die aber dafür reich ist an ungesättigten Fettsäuren und Geschmacksverstärkern sind, und dem sich umgreifenden Asthma und Allergien.

Es gibt nur noch wenige Regionen auf der Welt, auf denen Bevölkerungen leben die sich größtenteils selbst versorgen. Auf dem Speiseplan steht das, was gerade Saison hat. Forscher beobachten diese Bevölkerungsgruppen in der Zwischenzeit mit riesigem Interesse und haben sie -ob sie wollen oder nicht - zu Forschungsobjekten erklärt.

Vorbild: Kreter und die Hundertjährigen von Okinawa

Damals stand die kretische Bevölkerung im Fokus der Gesundheitsforscher und löst den Trend zur mediterranen Ernährung aus. Danach war es die japanische Insel Okinawa, die für Furore sorgte, da die Bevölkerung nicht nur vor Gesundheit strotzte sondern durch ihre hohe Anzahl an fitten Hundertjährigen auffällt.

Vorbild: Amazonas-Indianer

Seit diesem Jahr rückt die Darmflora eines Amazonas-Indianerstammes in den Brennpunkt der Wissenschaft. Es wurde entdeckt, dass die Yanomami-Indianer über eine enorme Bakterienvielfalt am und im Körper verfügen. Und sie beherbergen Bakterienstämme, die gegen einige unserer modernen Antibiotika resistent sind. Nun sehen Forscher in den Yanomami-Indianern die Rettung in der Schlacht gegen Infektions-, Immun- und Stoffwechselkrankheiten, Allergien, Asthma, Diabetes.

Das Geheimnis, das keines ist

Das Geheimnis der Gesundheit unserer Vorbilder ist eigentlich kein Geheimnis

Schauen wir es uns genauer an. Was haben diese “Ernährungs-Vorbilder” und der zukünftig noch zu entdeckende indianische/afrikanische/indische/sibirische Stamm gemeinsam?

Für die Antwort müssen wir kein Wissenschaftler sein und eigentlich ist es immer die gleiche Leier:

Große Mengen an frischen Früchten, frischem Gemüse, hochwertige pflanzliche Fette, Nüsse, Hülsenfrüchte, viele Kräuter und in geringen Maßen frischen Fisch und gutes Fleisch.

Der Grund: Frische Nahrung ist unglaublich reich an sekundären Pflanzenstoffen, die eine antioxidative Wirkung haben und die Zellen vor oxidativem Schaden schützen, was sonst zu Krankheiten führt. Hier geht es nicht um neue Trends oder Anti-Aging. Lebensmittel mit antioxidativer Wirkung sind ein fester Bestandteil der Nahrung unserer "Ernährungs-Vorbilder ".

Veganer, Vegetarier, Paleoisten

Im Internet lassen sich immer mehr Erfahrungsberichte von Menschen beobachten, die durch eine Ernährungsumstellung ihre Allergie erfolgreich lindern konnten. Bei manchen heilt die Allergie sogar völlig ab.

Vegetarismus, Veganismus, Paleo-Ernährung oder sogar ausschließlich Rohkost...

Ohne die einzelnen Ernährungsüberzeugungen zu bewerten, lässt sich eine große Gemeinsamkeit feststellen:
  • Sie habe alle einen relativ hohen Anteil an pflanzlichen Nahrungsmitteln.
  • Die Menschen informieren sich, essen bewusster und
    • nehmen tendenziell weniger Fertigprodukte und damit auch weniger der schädlichen Geschmacksverstärker zu sich 
    • nehmen zwangsläufig mehr an sekundären Pflanzenstoffen und Vitaminen zu sich.

 

Auf nach Kreta oder in den Regenwald

Was ist nun die Lösung? Wir können nicht alle unsere Sachen packen und zu den Amazonas-Indianern in den Regenwald ziehen. Abgesehen davon würden wir wohl mit unserem schwachen Immunsystem dort nicht lange überleben.

Ist für uns Allergiker oder Astmathiker der Zug abgefahren?

Schließlich ist laut Schulmedizin eine Allergie nicht heilbar.

In anderen Worten: Wenn Du Glück hast, bleibt Deine Allergie stabil. Wenn Du Pech hast, entwickelt sich Deine Allergie weiter indem weitere Allergien dazukommen oder es kommt zum “Etagenwechsel” (also Asthma). Letzteres ist erfahrungsgemäß häufiger der Fall.

Eins steht fest: Antihistaminika helfen nicht Deine Allergie zu heilen, sie helfen nur die Symptome für den Moment zu unterdrücken.

Das Problem scheint weniger unsere Umgebung zu sein– auch wenn wir hier Umweltbelastungen ausgesetzt sind- sondern vielmehr unsere Ess- und Lebensgewohnheiten. Und jeder, der wirklich möchte, kann dies selbst gestalten.

Kann sich eine Allergie ZURÜCK-ENTWICKELN?


Infografik-Allergie
Auch wenn Du schon seit Jahren /Jahrzehnten eine Allergie hast, könntest Du mit den richtigen Lebensmitteln eine Verbesserung erreichen. Wieso ist das möglich?

Besser atmen

Bestimmtes frisches Gemüse, Obst und Kräuter können, wenn Du sie ausreichend in Deiner täglichen Ernährung einsetzt, helfen besser zu atmen. Denn sie wirken bronchialerweiternd oder auf die Schleimhäute abschwellend oder stärken die Atemwege.

Immunsystem stärken

Bestimmte Lebensmittel haben Nährstoffe, die Dein Immunsystem stärken und Deinem Körper helfen einer Entzündung der Nasennebenhöhlen und der Atemwege vorzubeugen, welche mit der Pollenallergie zwangsläufig verbunden sind. Dazu zählen insbesondere Vitamin C und E- haltige Lebensmittel (z.B. Zitrusfrüchte). Während der Allergiezeit ist der Körper stark geschwächt und dadurch umso anfälliger.

Blockade der allergischen Reaktion

 

Die allergische Reaktion kann auch in ihrem Ursprung eingeschränkt oder gar blockiert werden, so
dass es erst gar nicht zu den Symptomen kommt. Eine Schlüsselrolle spielt hier das Histamin.

Sobald der Körper in Kontakt mit einem Allergen kommt, schüttet der Körper über die Mastzellen Histamin aus. Der Körper wird mit Histamin geflutet und die typischen Symptome werden bemerkbar: Niesanfälle, juckende Haut, etc.

Bestimmte Lebensmittel blockieren diese Histaminausschüttung bzw. regulieren das Histamin-Level im Körper. Um nur einige wenige zu nennen: Ingwer, Brennnessel, Petersilie, polyphenolreiches Olivenöl, rote Trauben, etc.

Die Liste der Anti-Allergie-Diät

Jetzt erwartest Du sicher eine Liste an Lebensmittel, die Dir helfen Deine Allergie in Schach zu halten. Im Idealfall gäbe es zu jedem Lebensmittel eine wissenschaftliche Studie, die eben auch diese Wirksamkeit belegt. Machen wir den Anfang:

Polyphenolreiches Olivenöl:
  • ein älterer Artikel hierzu: Mit Olivenöl Allergien lindern
  • besonders die Flavonoide unter den Olivenöl-Polyphenolen regulieren die Histaminausschüttung und hemmen damit die allergische Reaktion
  • pflegt und stärkt die strapazierten Schleimhäute 
  • hemmt allgemeine Entzündungsreaktionen 
  • die Studie dazu
Brennnessel:
  • hemmt die Produktion von Histamin in den Mastzellen
  • reich an Vitamin A und C, Eisen, Kalium und unterstützt damit das Immunsystem 
  • die Studie dazu

Petersilie:
  • reich an Vitamin C
  • hemmt die Produktion von Histamin in den Mastzellen
  • die Literatur dazu

Ingwer:
  • stärkt das Immunsystem allgemein, dank zahlreicher Vitamine, Mineralien wie etwa Kalzium, Kalium oder Eisen, als auch ein Cocktail von verschiedenen ätherischen Ölen 
  • reguliert die Mastzellen in besonderem Maße, weshalb er nicht nur bei Allergien sondern auch bei Histamin-Intoleranz von Interesse ist
  • die Studie dazu
Ähnlich verhält es sich mit Thymian, roten Trauben, Äpfeln (alte Sorten), Broccoli, Knoblauch, Zwiebeln, Schnittlauch, Paprika, Holunderbeeren, und und und

Die Liste ließe sich noch lange fortführen.

In der Wirkungsweise bei einer allergischen Reaktion geht es meist um die Regulierung der Mastzellen und der Histaminausschüttung.

Aber die Forscher haben noch nicht jedes einzelne Kraut und jedes einzelne Lebensmittel auf eine antiallergische Wirkung erforscht. Daher ist es (noch) nicht möglich eine annähernd endgültige Liste zu erstellen. Eventuell erweist sich in der Zukunft noch das widerspenstigste Unkraut als DAS Mittel gegen Allergien…

Du ahnst worauf ich hinaus will…

Versuche Deine tägliche Nahrung so bunt, frisch und biologisch wie möglich zu gestalten!

Hygiene und der Mangel an Erregern

Ein weiterer Aspekt der für Allergien verantwortlich gemacht wird, ist neben unserer Ernährung unsere Lebensweise: Bewegung & Hygiene.

Durch den eigenen Anbau, das Sammeln oder die Jagd ist für die köperliche Ertüchtigung ausreichend gesorgt. Stendiges desinfizieren von Händen oder der großzügige Einsatz von Reinigungsmitteln würde wohl bei unseren Vorbildern für Verwunderung sorgen.

Durch den häufigen Kontakt mit der Erde und den Tieren hat das menschliche Immunsystem genug Möglichkeiten, sich mit echten Erregern zu beschäftigten. Wissenschaftlich belegt ist bereits die Hygiene-Hypothese: Unser Immunsystem langweilt sich und sucht sich zum bekämpfen Pollen oder Tierhaar.


Die Psyche und die Allergie

Ein Bild von einer Blume oder einer Katze kann bei einigen Allergikern schon ausreichen um eine allergische Reaktion auszulösen. Das Allergen ist aber nicht da! Wieso beginnt unser Körper trotzdem mit der allergischen Reaktion?

Im Jahr 1904: Pavlov endtdeckt die Konditionierung

Bereits der russische Mediziner und Nobelpreisträger (aus dem Jahr 1904) Yvan Petrovic Pavlov wieß nach, dass es die Koniditionierung gibt. So können bei einer Allergie köperliche Reaktionen (Juckreiz, Verengung der Atemweg, Fliesschnupfen, etc.) allein durch den Reiz (Bild, Vorstellung, Hypnose) ausgelöst werden. Das Gehirn denkt einfach schon mal einen Schritt weiter und spielt das “eintrainierte Verhalten” ab, obwohl es kein Allergen gibt.

Die zentrale Frage: Lässt sich die “falsche” körperliche Reaktion auch wieder abtrainieren?

Pawlow stellte fest, dass die “eintrainierte Reaktion” auch wieder verschwinden kann. Er nannte diesen Prozess Löschung. Wobei die Reaktion auf den Reiz nicht gänzlich verschwand, aber – immerhin- gehemmt wurde.

Im Jahr 2015: Ja, das Immunsystem lässt sich auch konditionieren

Mehr als 100 Jahre später zeigt sich in der Studie an den Uni-Kliniken Essen und Düsseldorf, dass das Immunsystem der Allergiker auch umtrainiert werden kann – also eine Konditionierung zum positiven. Mittels Plazebo-Medikament und dem Glauben an die Wirkung des Medikament gingen die allergischen Reaktionen zurück.

Das Immunsystem kann tatsächlich lernen weniger allergisch zu reagieren.

Wie genau wir dieses Training umsetzen können, ist noch nicht konkret geklärt. Ein Ansatz scheint zu sein, bewusst etwas zu sich zu nehmen, von dem man überzeugt ist, dass es die Allergie eindämmt.

Eine empfehlenswerte Sendung zum Zusammenhang von Allergien durch Ernährungs- und Lebensweise und zur Konditionerung gibt es von Quarks & Co:


Quellen:
Lungeninformationsdienst

Leda Chatzi et al., Protective effect of fruits, vegetables and the Mediteranean diet on asthma and allergies among children in Crete, Thorax 2007; 62:677-683

D. Craig Willcox et al., Genetic determinants of exceptional human longevity: insights from the Okinawa Centenarian Study, American Aging Association 2006 Dec; 28(4): 313–332

Scimondo - Faszinierendes aus der Welt der Wissenschaft, Isolierter Amazonasstamm besitzt bereits Antibiotikaresistenzen, 24 April 2015

Roschek B Jr. et al, Nettle extract (Urtica dioica) affects key receptors and enzymes associated with allergic rhinitis., Phytother Res. 2009 Jul;23(7):920-6. doi: 10.1002/ptr.2763.

Chen BH. et al., Antiallergic potential on RBL-2H3 cells of some phenolic constituents of Zingiber officinale (ginger), J Nat Prod. 2009 May 22;72(5):950-3. doi: 10.1021/np800555y.

P. Yamadaa et al., Inhibitory effect of various Tunisian olive oils on chemical mediator release and cytokine production by basophilic cells, Journal of Ethnopharmacology, Volume 116, Issue 2, 5 March 2008, Pages 279–287,

 

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